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  • AutorenbildMag. Anna Püspök

Die Kunst des echten Tröstens



Person hält die Hand einer anderen Person

Vor kurzem habe ich das Baby einer Freundin gesittet und mich im nachhinein dabei ertappt, eigentlich ganz froh darüber gewesen zu sein, dass dieses fast die ganze Zeit über tief und fest geschlafen hat. Denn was wäre wohl passiert, wenn das Kind zu weinen begonnen und sich nicht gleich beruhigen hätte lassen?

Gar nichts, werden sich viele Eltern vermutlich nun denken, und damit haben sie auch recht. Dennoch hätte mich diese Situation im ersten Moment verunsichert. Dahinter steckt etwas häufig zu Beobachtendes: die Schwierigkeit, "negative" Gefühle und Emotionen bei sich selbst und bei Anderen auszuhalten.

Wer kennt solche Sätze nicht: Ein Kind schlägt sich das Knie auf und bekommt gesagt "Na schau, so weh tut es ja gar nicht". Der 80-Jährige verliert seine Ehefrau und bekommt gesagt "Sie hat ja ein hohes Alter erreicht, das ist eben der Lauf der Dinge". Die 16-Jährige wird von ihrem ersten Freund verlassen und bekommt gesagt "Andere Mütter haben auch schöne Söhne". Man selbst ist krank und sagt sich "Jetzt stell dich doch nicht so an".

All diese Sätze sind gut gemeint und haben zum Ziel, die betroffene Person möglichst schnell wieder aus ihrem Leid zu holen. Heutzutage ist Glück nämlich ein hohes Gut. In Kombination mit einer leistungsorientierten Gesellschaft führt dies dazu, dass wir Unangenehmes, Negatives, Trauriges möglichst komplett aus unserem Leben verbannen möchten. Wir streben nach guten Gefühlen, und das am liebsten ausschließlich.

Klar - niemand ist freiwillig traurig oder erleidet gerne Schmerzen. Doch leider ist das Leben nun einmal nicht immer schön - das Knie TUT weh, Trauer und Liebeskummer SIND da und man IST krank, das ist manchmal einfach Fakt. Was kann uns im Umgang mit derartigen Situationen helfen?

Das Wort "Trost" ist laut Wikipedia die " [...] zwischenmenschliche Zuwendung an jemanden, der trauert oder anderen seelischen bzw. körperlichen Schmerz zu ertragen hat." Zentral beim Trösten ist also die Zuwendung. Echte Zuwendung besteht zu einem großen Teil darin, den Anderen (bzw. sich selbst) in seinen Gefühlen ernst zu nehmen und diese anzuerkennen, ohne sie bagatellisieren oder schönreden zu wollen. Oft sind dazu auch gar keine Worte nötig - ein aufrichtiges In-den-Arm-Nehmen, Drücken der Hand oder ähnliches ist manchmal völlig ausreichend (das funktioniert übrigens auch mit sich selbst).

Das Geheimnis echten Tröstens liegt also im liebevollen und respektvollen Annehmen der betroffenen Person in ihrer Situation - nicht mehr, aber auch nicht weniger. So wird auch tatsächlich allen Facetten des Lebens ihr Raum gegeben.


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